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Im Gegensatz zu seinem Lehrer und Vorgänger Rudolf Virchow, der weltweit und über Fachkreise hinaus bekannt geworden ist, ist Johannes Orth mittlerweile in Vergessenheit geraten. Zwar hatte ihn die Pathologenzunft über seinen Tod hinaus als vorbildlichen Lehrer und Forscher gewürdigt, der die Tuberkulose- und Krebsforschung maßgeblich vorangebracht hatte, doch sucht man seinen Namen heute selbst in manchen Nachschlagewerken vergeblich.

Im Alter von 31 Jahren war Orth Leiter des Pathologischen Instituts in Göttingen geworden. Mit seiner Forschung zur Tuberkulose arbeitete er auf einem Gebiet, in das viel Bewegung gekommen war, seit Robert Koch 1882 spezifische Krankheitserreger entdeckt hatte. Die bakteriologische Auffassung, wonach ausschließlich unsichtbare Mikroorganismen die damals unheilbare Krankheit verursachen, galt den meisten Pathologen und Klinikern jedoch als einseitig: Körperliche Disposition und Konstitution hatten nach ihrer Ansicht ebenfalls erheblichen Anteil an Entstehung und Verlauf der Tuberkulose.

Die konkurrierenden Krankheitsauffassungen riefen heftige Auseinandersetzungen zwischen den medizinischen Fächern hervor, die – auch an der Charité – bis zum Streit um Patienten und Körper von Verstorbenen führten. Verschärft wurde die Konkurrenz zwischen den Fächern durch die einseitige staatliche Förderung der Bakteriologen. Wie Johannes Orth fühlten sich viele Pathologen und Kliniker in ihren alten, schlecht ausgestatteten Einrichtungen benachteiligt und zurückgesetzt.

Auf der Grundlage eigener Untersuchungen trat Orth als Gegenspieler von Robert Koch frühzeitig gegen den so genannten »Tuberkulinschwindel« auf. Und Kochs vermeintliches Heilmittel »Tuberkulin« stellte sich tatsächlich bald als spektakulärer Fehlschlag heraus.

Auch in der Frage, ob Tuberkulose vom Tier, insbesondere vom Rind, auf den Menschen übertragbar sei, konkurrierten Koch und Orth um die Tragfähigkeit ihrer Erkenntnisse für die medizinische Praxis: War Koch zu dem Schluss gelangt, dass menschliche Tuberkulose und Perlsucht bei Rindern von verschiedenen Erregern verursacht würden, so gelang es Orth, die Übertragbarkeit der Rindertuberkulose auf den Menschen nachzuweisen.

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