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An deutschen Universitäten etablierten sich Psychiatrie und Neurologie als eigenständige Fachgebiete erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In der Ausbildung von Carl Westphal spielten beide Fächer also noch keine Rolle. Erst als er 1858 als Assistenzarzt an der so genannten »Irrenabteilung« der Charité arbeitete, kam er mit diesem Fachgebiet in Berührung und war bestürzt angesichts der Zustände, die ihm begegneten: Die Patienten waren unglaublich schlecht untergebracht, zur »Ruhigstellung« wurden sie körperlichen Zwangsmitteln ausgesetzt.

Trotz der katastrophalen Anfangssituation blieb Westphal mehr als drei Jahrzehnte an der Charité und profilierte sich als Psychiater und Neurologe. Er engagierte sich als Gegner der Zwangsbehandlung, habilitierte sich für Psychiatrie und bekam die Sondergenehmigung, Vorlesungen und klinische Übungen abzuhalten. Nach Griesingers Tod übernahm er die Leitung der Klinik für Geistes- und Nervenkranke, ebenso den Lehrstuhl für Psychiatrie und Neurologie an der Universität. Wie Griesinger setzte sich Westphal für die Verbindung von Psychiatrie und Neurologie in Lehre und Forschung ein, konnte die klinische Lehre ausbauen und zahlreiche Schüler ausbilden.

Er führte eine Vielzahl klinischer, tierexperimenteller und neuroanatomischer Studien durch, wobei die Erforschung der Rückenmarkserkrankungen im Zentrum seines Interesses stand. Unter anderem gelang ihm der Nachweis, dass es sich bei allgemeiner Paralyse, die zuvor als »Geistesstörung« klassifiziert worden war, um eine Spätfolge der Syphilis handelte. Zum psychiatrischen Wissen trug er unter anderem durch die Erstbeschreibung der Agoraphobie, der Angst vor weiten Plätzen, bei.

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