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Die Leitung der Charité war stets eine höchst komplexe Angelegenheit. Seit ihrer Gründung im Jahr 1726 hatte die Charité immer mehrere Funktionen erfüllt: Als königliches Krankenhaus war sie eine staatliche Institution, stand aber zugleich in enger Verbindung mit dem Armen- und später mit dem Gesundheitswesen der Stadt. Als Ausbildungsstätte für Militärärzte war sie Teil des militärischen Medizinalwesens und wenige Jahre nach der Gründung der Berliner Universität wurde sie auch von dieser als Lehr- und Forschungsstätte in Anspruch genommen.

Bernhard Spinola und Gustav Mehlhausen waren seit 1873 die »kooperierenden« Direktoren der Charité. Was ihre Ausbildung betraf, kamen sie aus höchst unterschiedlichen Welten: Mehlhausen hatte eine militärärztliche Laufbahn hinter sich, war Teilnehmer zweier Kriege und zum Generalarzt avanciert. Man kann davon ausgehen, dass er auch als Ärztlicher Direktor stets Uniform trug.
Spinola hingegen hatte Jura studiert und Karriere im Justizdienst gemacht. Er war gerade zum Ersten Staatsanwalt am Berliner Kammergericht ernannt worden, als er das Amt des Verwaltungsdirektors an der Charité antrat. Bald entwickelte er sich zu einem anerkannten Fachmann für Krankenhaustechnik und für Hygiene und wurde darüber hinaus zur stadtbekannten Figur. Er engagierte sich in der Wohlfahrts- und Gesundheitspflege und war als Stadtverordneter der »conservativen Fraktion« in der Berliner Kommunalpolitik tätig.

Die Zusammenarbeit des Leiterduos verlief offenbar ausgesprochen harmonisch. Zu ihren gemeinsamen Aufgaben gehörten die Raumverteilung zwischen den Kliniken, ihre Einrichtung und Ausstattung sowie Unterbringung und Beköstigung der Patienten. Mehlhausen hatte die Aufsicht über die ärztliche Behandlung der Kranken, die Kontrolle über den Arzneimittelverbrauch und den Vorsitz in den »Hauskonferenzen« der dirigierenden Ärzte. Spinola war neben der allgemeinen Verwaltung und Rechnungslegung für das Personal zuständig: Auch Pflegekräfte einzustellen und zu beaufsichtigen, gehörte zu seinem Arbeitsbereich.

Während Mehlhausen eher hinter den Kulissen agierte, geriet Spinola wegen seiner Amtsführung des Öfteren ins Kreuzfeuer der Kritik. Denn der Alltag der Charité war von Missständen – Raumnot und Bettenmangel – bestimmt. Ihr haftete der Ruf an, ein Armenhaus und ein Ort des Sterbens zu sein. Seit Einführung der Sozialversicherungsgesetze in den 1880er Jahren erhöhte besonders die sozialdemokratische Arbeiterbewegung den politischen Druck für eine bessere Verpflegung und Versorgung der Kranken. Die Modernisierungsmaßnahmen, die Mehlhausen und Spinola anregten, fanden überwiegend im Bereich des Ausbaus und der Einrichtung der Kliniken statt. Sie kamen vor allem dem wissenschaftlichen Personal zugute. Ein Aufruf der SPD an Patienten und Krankenkassen, die Charité zu boykottieren, beschleunigte 1893 die Modernisierung – zumal den großen Umbau, der 1897 begann. Mehlhausen und Spinola haben ihn noch auf den Weg gebracht; er wurde aber erst unter ihren Nachfolgern fertig gestellt.

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